Genrelegasthenikerin

Ich bin weder Literaturpäpstin noch Juror bei den EMAs, eher im Gegenteil...

Ich bin das, was man eine Musikbanausin und Genrelegasthenikerin nennen kann. Ich habe keine Ahnung von Musik, ich gebe es gleich zu und warne an dieser Stelle vor. Ich liebe Musik, aber der „Background“, wie man so schön sagt, fehlt mir einfach.
Klar, ich habe als 5-Jährige zu Smoke on the Water und 99 Luftballons meine Rockkarriere geplant – und vor der Glasvitrine auch ausgelebt – und mein erstes Konzert war nicht Prinzessin Tausendschön und die Honigpfeifen, sondern Jethro Tull… Trotzdem wurde meinen Eltern in der Jugendmusikschule nahegelegt, mir „Klavierunterricht nicht anzutun“, und damit war meine Rockerkarriere beendet noch bevor ich Alle meine Entchen mit zwei Klöppeln statt mit einem auf dem Xylophon spielen konnte.

Bis heute zieht sich eine gewisse Resistenz gegenüber laut Freunden, Musiksendern und Fachzeitschriften „guter Musik und Musikern“ durch meinen Musikgeschmack. Ich höre die Musik, die ich höre, weil sie mich berührt, weil ich was mit ihr verbinde oder ich sie aus mir unbegreiflichen Gründen einfach toll finde, nicht weil irgendwelche musikversierte, ahnunghabende, genrephilen Musikliebhaber irgendwen und irgendwas als Entdeckung des Jahrhunderts feiern.

Es gibt zwei Grundregeln:
Wenn du die Musik toll findest, hör sie.
Wenn du die Musik scheiße findest, dann nicht.
Period.

Aber nur, weil ich unfassbar unmusikalisch bin, heißt das nicht, dass ich nicht ordentlich motzen und meckern und loben und schmachten – und das auch zum Ausdruck bringen kann.

Achso, Genrelegasthenikerin war ich auch schon immer. Ich erkenne immerhin noch, dass die Wildecker Herzbuben keinen R’n’B machen, Die Toten Hosen Punk sind oder wenigstens mal waren, und Hatebreed und Walls of Jericho mehr als eindeutig in die Hardcore-Sparte gehören. Ansonsten wäre ich ohne iTunes und LastFM, die mir immer erklären, auf welche Genres ich eigentlich stehe, mehr als aufgeschmissen. Trotzdem funktioniert das „Bands ein- und zuordnen“-Spiel bei mir immer noch über „Hört sich an wie…“ – auch wenn die Leute überhaupt nicht zusammenpassen. Das liegt dann wiederum an meinem Flipperautomaten von Denkapparat, der frei und wild assoziiert.